wo habe ich etwas absichtlich nicht verstanden oder wollte den anderen nicht richtig verstehen?
wo habe ich die Zeichen der Zeit nicht erkannt oder erkennen wollen?
wo habe ich kräftig etwas vermasselt oder extra nicht richtig?

So oder so ähnlich sind die Fragestellungen für unseren heutigen Tag, die wir am frühen Morgen vor der Kirche von Pontevedra gestellt haben und mit in den Tag hineinnehmen. Es sollte die bisher anstrengendste Besinnung auf unserem bisherigen Weg sein. So manch einer fragte sich bereits beim ersten kleinen Anstieg in der Altstadt nach der alten Römerbrücke, ob er an diesem Tag viel zu büßen hätte.

Zumindest wird allen nach den ersten fünf Kilometern klar, dass es stetig bergauf gehen sollte. Zudem spielt erstmals seit drei Tagen das Wetter nicht mit, doch könnte man auch sagen, dass es zum Thema passt. Der Himmel bleibt verhangen und gelegentlich tröpfelt es etwas.
Zur Mittagszeit erreichen wir die Anhöhe, wo drei Tarvernas zum Verweilen einladen. Ein paar machen ein Openair-Spät-Frühstück, während die anderen ein munteres Essen-Verteilen im Innenbereich vorziehen. Der Himmel reißt etwas auf, um sich pünktlich zum Mittagsimpuls mit eigener Besinnung auf das Thema wieder zu verabschieden. Ein Lied der Band „Karusell“ beschreibt mit dem Song „Als ich fortging“ einen Weg, mehrere Wege, den eigenen Weg. Rechtzeitig ist jeder von uns wieder gefangen im Thema und viele schreiten von da an wieder alleine dem Tagesziel entgegen. Doch wie zufällig finden sich auch an diesem Tag mit den schweren Gedanken zwei oder drei immer zusammen und besprechen, was Ihnen in den Sinn gekommen ist.
Das Wetter bleibt zu dem Thema angepasst und ist zunächst sehr trüb. Doch je weiter wir Fortschreiten hellt zumindest der Himmel auf. An diesem Tag fallen die zahlreichen Wegekreuze auf, die unsere Gedanken bis Briallos begleiten.
Tief in Gedanken verpassen wir in unterschiedlicher Entfernung unsere Herberge, aber nach Nutzung der Pilgerphone finden sich alle vier Gruppen wieder zusammen.
Die Herberge in Briallos „gehört“ uns, wir finden den Schlüssel sozusagen unter der Fußmatte. Außer unserem Troß sind noch drei Spanierinnen, ein Ehepaar aus Holland und ein Franzose mit uns dort einquartiert.
Auf der Wiese vor der Auberge feiern wir gemeinsam einen Openair-Gottesdienst, mittlerweile in der tollen Abendsonne.
Vielen von uns wird sicherlich der sehr intensive Friedensgruß in Erinnerung bleiben, ebenso die tolle Eucharistiefeier.
Danach kochen wir gemeinsam für alle und dazu wird der der spanische Mutter-Alma-Laden viermal besucht, weil immer wieder noch etwas fehlt.
Das kommende Geburtstagskind kocht köstlich und alle Teilnehmer genießen dieses einfache schmackhafte und selbstgemachte Mal gerne, einschließlich der Antipasti, die auch durch das Küchenfenster gereicht werden. Der Hunger nach diesem anstrengenden Tag ist sehr groß und so fühlt sich doch mancher an diesem Abend mit diesem tollen und sehr lustigen Zusammensein belohnt. Nicht mehr alle sind beim Geburtstagsständchen für Francesco am Tisch dabei, einige vernehmen es noch aus dem Schlafgemach.
Aber das ist eine andere Geschichte auf unsere Pilgerreise.

Martin Sauer

Liedtext: Als ich fortging - Karussell

Als ich fortging war die straße steil - kehr wieder um
Nimm an ihrem kummer teil, mach sie heil.
Als ich fortging war der asphalt heiß - kehr wieder um
Red ihr aus um jeden preis, was sie weiß.

Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein,
Ich weiß, du willst unendlich sein - schwach und klein
Feuer brennt nieder, wenn's keiner mehr nährt,
Kann ja selber, was dir heut widerfährt.

Als ich fortging warn die arme leer - kehr wieder um
Mach's ihr leichter einmal mehr, nicht so schwer.
Als ich fortging kam ein wind so schwach - warf mich nicht um,
Unter ihrem tränendach war ich schwach

Nichts ist unendlich, so sieh das doch ein,
Ich weiß, du willst unendlich sein, schwach und klein.
Nichts ist von dauer, wenn's keiner recht will,
Auch die trauer wird dasein, schwach und klein.

https://youtu.be/_5Nfo_F_kdU