Diese Frage stellen sich offenbar immer wieder Besucher der Sonntagsmesse in St. Johannes, wie Rückmeldungen zeigen. Dass nach der Lesung aus dem Alten Testament nur selten ein Lied, stattdessen fast immer ein Psalm gesungen wird, wird – so scheint es – als eine liturgische Besonderheit in unserer Gemeinde wahrgenommen.
Die „Allgemeine Einführung in das Messbuch“ hält dazu fest: „Auf die erste Lesung folgt der Antwortpsalm, der ein wesentlicher Bestandteil der Liturgie des Wortes ist (…), weil er die Betrachtung des Wortes Gottes fördert.“ Auffälligerweise fehlt in den weiteren Ausführungen die Formulierung, der Antwortpsalm dürfe durch einen „anderen geeigneten Gesang“ ersetzt werden. Dies zeigt die hohe Bedeutung an, die der Antwortpsalm besitzt. Ein zweiter Hinweis auf diesen Stellenwert ist der Vortragsort: Der Antwortpsalm soll nach Möglichkeit vom Ambo aus vorgetragen werden – von dem Ort aus, an dem in den Lesungen das „Wort des lebendigen Gottes“ verkündet wird. Angemessen ist dieser Platz, da der Antwortpsalm selbst eine (gesungene) Lesung, nämlich aus dem Buch der Psalmen, ist.
Dass die Kirche diesem Buch aus der Heiligen Schrift einen festen Platz in ihrer Liturgie einräumt, zeigt besonders zweierlei: Erstens reiht sich die Gemeinde, die den Psalm hört und mit dem Kehrvers antwortet, ein in eine lange Tradition, in der auch das Volk Israel und Jesus Christus stehen. Jesus hat noch am Kreuz einen Psalm gebetet, nämlich Ps 22: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und bis heute ist das Buch der Psalmen das Gebetbuch des Judentums. Der zweite Aspekt erwächst aus dem ersten: In kaum einem anderen Buch der Bibel werden so viele menschliche Erfahrungen thematisiert und vor Gott gebracht. Klage und Dank, Leid und Freude, Trauer und Jubel – all dies findet sich in den Psalmen. Die Aufnahme dieses Buches in die Bibel und des Antwortpsalms in die Liturgie kann uns daher Mut machen: Alle unsere Erfahrungen dürfen wir vor Gott bringen und so mit unseren Worten auf sein Wort antworten.

Für den Liturgieausschuss des PGR: N. Wagner