1913 – 2013 Pfarrei St. Johannes Apostel

in Frankfurt-Unterliederbach

Ein historischer Rückblick in Auswahl

Artikel Serie 1-6


Vorgeschichte

Das Gebiet des heutigen Frankfurter Stadtteils Unterliederbach war bereits ab 4.000 v. Chr. besiedelt, wie zahlreiche archäologische Funde, später auch aus der Bronzezeit belegen. In den Jahren des Beginns unserer Zeitrechnung bestand bereits die Römerstraße zwischen Nida (heute Frankfurt-Praunheim) und Mainz. Unterliederbach war ein befestigter römischer Ort, wohl mit einer sog. Villa. Im 4. Jh. n.Chr. nahmen die Alemannen das Land ein, im 5. Jh. die Franken. Unter ihrer Herrschaft wurde das Christentum als Staatsreligion verpflichtend eingeführt. Das Kirchspiel Oberliederbach mit den Gemeinden Oberliederbach, Unterliederbach und Niederhofheim entstand.

20140414_Karte_GeschichteDer Hl. Bonifatius, der 745 n.Chr. das Erzbistum Mainz gründete, hat für Unterliederbach große Bedeutung, da er die vorhandenen christlichen Bewegungen organisierte und verkirchlichte. Es entwickelten sich geistliche Stiftungen, darunter das Mainzer Stift des Hl. Petrus, welches die Kirchenhoheit im gesamten Maingau übernahm. Bonifatius fuhr auch auf der Römerstraße (heute überbaut mit der A66) an Unterliederbach vorbei, als er nach seinem gewaltsamen Tod am 5. Juni 754 von Mainz nach Fulda überführt wurde. Wie im Mittelalter üblich, zog das Stift St. Peter den Zehnten ein und sorgte im Gegenzug für den Bau und Unterhalt der Kirche. 1351 ging die erste Kirche, deren Entstehung im Dunklen liegt, als Schenkung an die Dompropstei zu Mainz über. Bekannt ist nur, dass der Altar Maria Magdalena geweiht war und das Patronatsfest am 22. Juli begangen wurde. Den liturgischen Dienst versahen wohl Brüder des Kloster Retters (heute: Rettershof) bei Königstein. Urkundlich ist Unterliederbach erstmals im 8. Jh. n.Chr. im Urkundenbuch des Klosters Fulda erwähnt.

20140414_Evan_Kirche_Im Laufe der Jahrhunderte nahm der Einfluss der Gaugrafen ab, die Stelle nahmen Landesherren ein. Im Falle von Unterliederbach saßen die Lehensherren auf der Burg Eppstein (1175 – 1497). Diese Familie, die mehr als ein Jahrhundert die Bischöfe von Mainz stellte, genoss hohe Achtung. Im 13. Jh. n.Chr. nannte man die Römerstraße „Elisabethenstraße“, da hier die Pilgerzüge von Mainz bis nach Marburg zum Grab der Hl. Elisabeth von Thüringen (+1231) entlang zogen. Mit Ende des 15. Jh. ging die Herrschaft auf die Landgrafen von Hessen über. Sie führten die Reformation ein. Unterliederbach sank vom eigenständigen Pfarrort auf die Stufe einer Filiale. Zwar nahm der Mainzer Dompropst noch den Zehnten ein, doch der Landgraf berief und entließ fortan die Geistlichen. Das gesamte Dorf wurde evangelisch.

Bedingt durch seine geografische Lage geriet Unterliederbach mehrfach zum Kriegsschauplatz, sei es in Kampfeshandlungen oder durch Truppendurchzüge. Nach dem 30jährigen Krieg blieb die Kirche als Ruine zurück. Der evangelische Pfarrer bat 1651 beim Mainzer Dompropst bei der Wiederherstellung um Hilfe, die auch gewährt wurde. 1715 endeten die Baumaßnahmen, die Kirche ist seitdem unverändert und dient bis heute als eine der beiden Kirchen der evangelischen Gemeinde.

Auf den Raubzügen Ludwigs des XIV. (1689), in den Schlesischen Kriegen (1745) und den Französischen Revolutionskriegen (1793 und 1796) nahm das Dorf jedes Mal Schaden. Als im Jahr 1803 Unterliederbach dem Amt Höchst des Fürstentums (1816 Herzogtums) Nassau zugeteilt wurde, interessierten die schwierigen Verhältnisse der Katholischen Kirche in der Zeit der Säkularisierung niemanden – es lebten hier keine Katholiken. Unruhe kehrte ein, als Napoleon 1813 auf seinem Rückzug von Russland im Höchster Bolongaropalast Quartier nahm und kaum zwei Wochen später der Anführer der Kosaken ihm folgte. Die Revolution von 1848 hingegen machte sich in Unterliederbach nicht bemerkbar.

Für den PGR: Dr. Barbara Wieland

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Bildnachweis: Karte: Hessisches Staatsarchiv Wiesbaden („Delineation einiger Gegendt von Höchst“. Karte der Wasserläufe und Überschwemmungsgebiete zwischen Höchst und Unterliederbach im Jahr 1723); Neubaugebiet Loreleistraße: http://www.hgv-unterliederbach.de/historische_bilder.html; Dorfkirche Unterliederbach: http://www.hgv-unterliederbach.de/ kalender_2007.html; Abbildungen des Kircheninnenraums: Bildarchiv der Pfarrei; Quellen: Pfarrarchiv Unterliederbach; Diözesanarchiv Limburg, Archiv der Hoechst AG/ HistoCom; Provinzarchiv der ADJC Dernbach. – Literatur: Festschriften der Pfarrei 1976, 1994, 1996 (dort weitere Lit.).