Die Fertigstellung der neuen
Pfarrkirche St. Johannes Apostel
und ihre Weihe am 13. Mai 1962
Die Ausgestaltung des Kirchenraums
Nach dem Richtfest am 19. Februar 1961 dauerten die Fertigstellung und die Innengestaltung noch fast ein Jahr. Das II. Vatikanische Konzil war bereits ausgerufen, hatte aber noch nicht begonnen. Die liturgische Bewegung in Deutschland zeigte aber schon Auswirkungen. Der Altar, noch herkömmlich als Hochaltar gestaltet, bestand aus massivem dunkelgrauen Wirbelau-Lahn-Marmor (Firma E. Müller/ Villmar). Allerdings stand der 3,5 Tonnen schwere Tisch nicht in der kleinen Apsis sondern abgerückt von der Wand im Altarraum auf einem Sockel. Auf der Altarmensa befanden sich der neue Tabernakel und sechs kupferne handgearbeitete Altarleuchter aus der Werkstatt des Goldschmieds Albert Welker. Auf den Altarstufen, wie der gesamte Altarraum belegt mit grau-grünem Verts-de-Alpes-Marmor, lag ein maisgelber Teppich. Wie damals in allen Kirchen üblich, gab es eine Kommunionbank auf der breiten untersten Altarstufe, eine Kanzel auf der linken Seite des Altarraums und auf der rechten Seite eine Mutter Gottes-Statue.
44 neue Kirchenbänke wurden im Hauptschiff der Kirche aufgestellt. Für die alten Bänke blieb (mittig geteilt) der Platz in den Seitenschiffen. Zur Zeit der Weihe standen 474 Bankplätze für Erwachsene und 60 für Kinder zur Verfügung. Der moderne Fußboden bestand aus Kieselstein- und Stampfasphaltplatten. Für den Bau einer neuen Orgel, die dem Kirchenraum entsprach, fehlte das Geld. Der Orgelbauer Voigt, dessen Firma genau gegenüber der Kirche in der Königsteiner Straße lag, erweiterte die bestehende kleine Orgel durch gebrauchte Pfeifen anderer Altorgeln und schuf daraus ein vorläufiges Instrument. Die separate Taufkapelle befand sich zur Zeit der Erbauung im hinteren Bereich der Kirche, zwischen den Eingangstüren. Die Glasbilder dafür fertigte die Firma Gossel aus Frankfurt.
Die Weihe der neuen Kirche durch Bischof Dr. Wilhelm Kempf
Der Tag der Kirchweihe am 13. Mai 1962 durch Bischof Dr. Wilhelm Kempf war nicht nur für Unterliederbach ein großes Ereignis, sondern für das gesamte Bistum. Noch vor Beginn des Zweiten Vatikanischen Konzils war ein neuer Weiheritus erlassen worden, der nur noch zwei statt zuvor mindestens vier Stunden dauerte und hier erstmals im Bistum Limburg gefeiert wurde. Den Kirchenraum schmückten Fahnen und Tannengirlanden.
Über den Ablauf berichtete Pfr. Gotthardt in der Chronik: „Es war ein sonniger Maitag, als um 9.30 Uhr Bischof Dr. Wilhelm Kempf mit der Weihe begann“. Ihm assistierte als Diakon Dekan Otto Zaucker aus Sindlingen und als Presbyter assistens Pfarrer Ferdinand Eckert aus Höchst.
Nach der Altarkonsekration wandte sich Bischof Dr. Wilhelm Kempf an die Gläubigen. Das Höchster Kreisblatt berichtete, der Bischof sprach „von unserer modernen Zeit, in der auch neuzeitliche Kirchen gebaut würden, die Gotteshäuser seien, in denen Jesus Christus wohne, zu dem wir mit Gottvertrauen, Glaube und Zuversicht kommen dürften, um ihm unsere Bedrängnisse und Bitten vorzutragen“ [HK v. 14. Mai 1962, S. 4]. An die Weihe schloss sich der erste Gottesdienst, ein Levitenhochamt, an. Dieses zelebrierte Dekan Zaucker. Ihm assistierten als Diakon P. Dr. Felix Hartinger OFM aus Kelkheim und als Subdiakon der Unterliederbacher Kaplan. „Anwesend waren außerdem Pfarrer Arnold, ein früherer Seelsorger von Unterliederbach und Kaplan Alois Krause – Ulb., der die Schola [Alumnen des Priesterseminars St. Georgen] leitete. Der Kirchenchor St. Josef-Höchst sang die Dorische Messe von Joh. Rosenmüller, Stabführung Rudolf Kleinhenz.“ [Chronik, S. 72] Am Ende des Levitenamtes erteilte Bischof Dr. Wilhelm Kempf den Gläubigen den Segen. Das gemeinsam gesungene Lied „Ein Haus voll Glorie schauet“ leitete zum liturgischen Auszug über.
Doch wie sprach die örtliche Presse über ihre neue Kirche? Im „Höchster Anzeiger“ stand zu lesen: Der Kirchenbau „macht von der Königsteiner Straße aus keinen großen Eindruck, da sein Dach nach hinten zu ansteigt und das Gebäude nach der Straße zu etwas niedrig wirkt. Umso angenehmer ist man aber von der gediegenen und würdigen Ausstattung des Inneren überrascht. Zweifellos haben die räumlichen Verhältnisse dem Architekten Johannbroer gewisse Beschränkungen auferlegt. Er wusste jedoch die gegebenen Verhältnisse vortrefflich zu nutzen und schuf eine moderne, aber nicht durch architektonische Extravaganzen schockierende Kirche, die den Unterliederbachern bald ebenso lieb und wert sein wird wie ihr altes Gotteshaus“ [HA v. 12. Mai 1962].
Dr. Barbara Wieland
(c) Bild 2012 Archiv St. Johannes Ap.