Der Tradition entsprechend feierten am Sonntag, dem 11. April 2010, 11 Christen die Erinnerung an ihre 1.Hl. Kommunion vor 80, 75, 70, 65 und 60 Jahren.
Nach dem feierlichen Einzug in die Kirche und der Begrüßung durch Pfarrer Pfaff erlebten wir einen festlichen Gottesdienst, der uns sehr zu Herzen ging. Vom Tagesevangelium über Thomas, den Zweifler (früher wurde er der ungläubige Thomas genannt), schlug Pfarrer Pfaff immer wieder den Bogen zu uns Jubilaren.
Die vergangenen Jahrzehnte sind auch an uns nicht ohne Zweifel vorübergegangen. Der Krieg und die Nachkriegszeit waren Einschnitte in unserem Leben. Immer wieder nutzten wir aber die Gelegenheiten, unseren Glauben neu zu überdenken und zu vertiefen. Umso dankbarer sind wir heute, dass wir die Erfahrung machen durften, dass Gott uns hält.
Ein Höhepunkt der Eucharistiefeier war der gemeinsame Empfang der Kommunion in beiderlei Gestalten. Die Tatsache, dass wir dabei nicht um den Altar gestanden haben, hat diesem Höhepunkt nicht geschadet. Schließlich – wir sind alle nicht mehr die Jüngsten, und auch Jüngere sind auf den Altarstufen schon zum Stolpern gekommen. Diesen Schreck wollten wir uns und allen ersparen. Inzwischen gibt es auf den Stufen zum Altar zur Sicherheit auf beiden Seiten Handläufe.
Nach dem Gottesdienst blieben wir noch zusammen zum gemeinsamen Mittagessen. Da gab es viel zu berichten, wie es damals war.
Natürlich sind nicht alle in St. Johannes zur Erstkommunion gegangen, und natürlich wohnen heute nicht alle Jubilare in Unterliederbach. So gab es eine bunte Mischung von Erlebnisberichten auch aus anderen Frankfurter Gemeinden sowie aus Meiningen und Heiligenstadt in Thüringen.
Ich muß sagen, die aufregendsten Berichte waren die von 1945, kurz vor Ende des 2. Weltkrieges. Viele Väter waren im Krieg – für die Mütter eine ganz schwere Zeit. Es war nicht nur die materielle Not, die ständigen Bombenangriffe, sondern auch die Sorge um die Angehörigen an der Front. Und immer waren unsere Mütter bemüht, diese schrecklichen Sorgen von uns Kindern fern zu halten. So fühlten wir uns in der Erinnerung auch mit unseren verstorbenen Eltern tief und dankbar verbunden.
Und nun der Blick zurück auf das Jahr 1945 in St. Johannes:
„Die Kirche in Unterliederbach war seit Februar 1945 stark beschädigt und diente als Möbellager. Doch für den Weissen Sonntag wurden die Möbel ausgelagert und am 8. April fand die Kommunionfeier statt. Die Kinder freuten sich auf den Festtag, und die Eltern machten sich Gedanken um die Festgarderobe und das Festessen. Ich hatte ein weisses Kleid, das ich mal als Blumenmädchen bei einer Hochzeit getragen hatte. Das war aber schon vor 2 Jahren, und das Kleid war nicht mitgewachsen. Es war zu eng und zu kurz. Was tun? Mit Bezugschein konnte meine Mutter ein Stück weissen Stoff ergattern und mir damit das Kleid vergrössern, das nun wirklich schön aussah. Aber der neue Stoff kratzte und juckte fürchterlich. Weil es im April noch sehr kalt war, fehlte mir etwas zum Überziehen. Oma hätte mir schnell noch ein Jäckchen gestrickt, aber sie hatte keine Wolle. So opferte sie ein Sonnenrollo aus Leinen. Dieser wurde noch einmal gut durchgewaschen, und ich bekam davon einen Mantel genäht. Nun brauchte ich noch Schuhe. Mein Onkel war in einer Lederfabrik beschäftigt und besorgte weisses Oberleder. Unser Schuster fertigte mir davon Schuhe an. Dafür verlangte er aber auch für seine Tochter weisses Oberleder, und zwei Bettücher als Lohn waren auch noch fällig. Wir hatten alle keine Kerzen. Not macht aber erfinderisch. Ein Besenstiel wurde durchgesägt und an jedem Teil eine kleine Kerze befestigt. Die Holzstangen wurden so weit abgehobelt, bis sie denselben Durchmesser wie die Kerze hatten. Weiss angestrichen – woher die Farbe kam, weiss ich nicht – mit Asparagus geschmückt und mit einem Kerzentuch versehen, sahen sie richtig echt aus. Je ein Mädchen und ein Junge durften dann, stellvertretend für alle, diese Kerze tragen. Leider war ich das Mädchen nicht. Für das Festmahl besorgte meine Oma einen Sack Kartoffeln, und zum Kuchenbacken bekamen wir vom Bäcker eine Tüte Mehl geschenkt. Mein schönstes Geschenk war ein Nageletui, das ein Arbeitskollege meinem Vater besorgte. Ausserdem konnte ich mich noch über ein handbemaltes Holzschmuckkästchen freuen.“Danke dem „ Kommunionkind von 1945“ – Marianne Klungler!
Helga Frenzel